Für die gesamte Waldfläche von
Rheinland-Pfalz über alle Baumarten und Altersstufen betrachtet, hat sich der Zustand
des Waldes gegenüber dem Vorjahr verschlechtert. Der Anteil deutlich
geschädigter Waldbäume ist gegenüber dem Vorjahr um 8 Prozentpunkte
angestiegen, der Anteil an Probebäumen ohne sichtbare Schadmerkmale ging um
3 Prozentpunkte zurück. Die mittlere Kronenverlichtung liegt um 2,3
Prozentpunkte höher; diese Veränderung ist signifikant. Damit hat das
Schadniveau in der Gesamtschau über alle Waldflächen von Rheinland-Pfalz,
über alle Baumarten und Alterstufen hinweg betrachtet, einen neuen
Höchststand erreicht. Wie schon im Vorjahr ist auch der Anteil starker
Kronenschäden, abgestorbener Probebäume und infolge biotischer Schäden
vorzeitig entnommener Probebäume vergleichsweise hoch. Die Verschlechterung
des Kronenzustandes ist durchgängig bei nahezu allen Baumarten und in allen
Regionen zu beobachten, lediglich bei der Eiche und der Hainbuche ist das
Schadniveau zurückgegangen.
Der Witterungsverlauf des Jahres 2020 war zum
dritten Mal in Folge ungünstig für den Wald. Lediglich der Februar brachte
genügend Niederschläge, um den Boden zu durchfeuchten, sodass der Austrieb
und Fruchtansatz weitgehend ungehindert erfolgen konnten. Die Bäume litten
dann aber je nach Standort und örtlichen Besonderheiten in unterschiedlichem
Maße unter Spätfrost, sommerlichem Trockenstress und lokal unter Gewitter
mit Sturmböen, Starkregen oder Hagel. Bei vielen Baumarten kam eine starke
Fruchtbildung als Belastung hinzu. Auf die anhaltende Trockenheit reagierten
einige Baumarten mit einem Notprogramm, was letztendlich zu einer
vorzeitigen Herbstfärbung führte. Ab Anfang August war besonders bei Buche
und Birke beginnend von der Oberkrone her verstärkt Braunfärbung und
Blattfall zu beobachten. Da die Außenarbeiten der Waldzustandserhebung Ende
Juli abgeschlossen waren, hat diese Entwicklung die Ergebnisse nicht mehr
beeinflusst. Hier wird im kommenden Jahr zu prüfen sein, ob die
Knospenbildung noch abgeschlossen wurde und die Bäume normal austreiben
können oder ob auch ganze Zweigpartien abgestorben sind. In 2020
traten bei Fichte weiterhin erhebliche Schäden durch rindenbrütende
Borkenkäfer auf. Durch die Trockenheit und Hitze werden diese Antagonisten
begünstigt, die Bäume hingegen in ihrer Abwehrfähigkeit beeinträchtigt. Bei
der Eiche blieben Schäden durch blattfressende Insekten und Mehltaubefall
weitgehend aus. Auch sonst blieb Insektenfraß im Allgemeinen unter der
kritischen Schwelle, ab der ein Einfluss auf den Kronenzustand zu erwarten
ist. Bei den Pilzkrankheiten sind Douglasienschütte und Eschentriebsterben
von entscheidendem Einfluss auf den Kronenzustand dieser beiden Baumarten.
Bei den anderen Baumarten wurde ein Pilzbefall der Nadeln oder Blätter meist
nur in den unteren Bereichen der Baumkronen beobachtet und lag damit
außerhalb des Bonitierbereiches für die Kronenzustandsansprache.
Die Waldökosysteme werden nach wie vor durch den Eintrag von Luftschadstoffen
belastet. Die Critical Loads der Stickstoffeinträge wie auch der Säureeinträge
werden jedes Jahr an der
Mehrzahl der Waldstandorte überschritten. Die Belastung durch bodennahes
Ozon ist weiterhin zu hoch, die Belastungsschwellen werden regelmäßig
überschritten. Diese langfristige "Hintergrundbelastung" der Waldbäume
schwächt ihr Reaktionsvermögen auf die natürlichen Belastungen durch
Witterung, Insekten oder Pilze und mindert ihre Fähigkeit zur Erholung bei
günstigen natürlichen Bedingungen. Nach dem Jahr 2003 traten nun drei Jahre
in Folge weitere "Jahrhundertsommer " mit extremer Hitze und Trockenheit in
Erscheinung. Mit dieser Häufung von Extremwetterlagen tritt der Klimawandel
als Belastungsfaktor in den Vordergrund.
Die Verlichtung der Baumkronen ist seit Beginn der Erhebung 1984 deutlich
angestiegen. Besonders seit Anfang der 1990er Jahre ist fast durchgehend ein
Anstieg des Niveaus der Waldschäden bis zum Jahr 2006 zu verzeichnen; die
mittlere Kronenverlichtung hat sich in diesem Zeitraum verdoppelt. Von 2007
bis 2019 ergibt sich kein statistisch signifikanter Trend, Schadrückgänge blieben
bisher zeitlich begrenzte Episoden. Die Entwicklung kann je nach Baumart
und Region unterschiedlich verlaufen. Auch in den einzelnen Jahren ist die Schadentwicklung der verschiedenen
Baumarten unterschiedlich in Ausmaß und Richtung; Verbesserungen bei einer
Baumart oder in einer Region können Verschlechterungen bei einer anderen
Baumart bzw. in einer anderen Region überdecken. Um die Schadentwicklung
korrekt nachzeichnen zu können muss entsprechend stratifiziert werden;
hierfür ist ein ausreichend großes Stichprobenkollektiv erforderlich. Die
jährlich wechselnden natürlichen Einflussfaktoren wie Witterung,
Fruchtbehang und Insektenbefall machen eine jährliche Erhebung erforderlich.
Nur so kann die Reaktion des Waldes auf diese Einflüsse nachgezeichnet
werden. Die Wirkung langfristiger Stresseinflüsse wiederum kann nur
abgeschätzt werden, wenn die Bewegungen durch kurzfristig wirkende
Stressfaktoren bekannt sind.
Bei der Waldzustandserhebung wird der Kronenzustand eines Probebaumes
unabhängig von der Ursache eines ggf. vorhandenen Schadens erhoben. Offensichtliche
Schadursachen werden zwar mit aufgenommen, nicht alle sind aber am Tage der
tatsächlichen Durchführung der Erhebung
erkennbar. Die meisten Untersuchungen sind auch zu
aufwändig, um sie an dem Raster der Waldzustandserhebung
vornehmen zu können. Für eine genauere Interpretation wird daher auf die
Ergebnisse der Dauerbeobachtungsflächen zurückgegriffen. Die
Zusammenhänge sind ausführlich im Abschnitt „Einflussfaktoren
auf die Kronenzustandsentwicklung von Waldbäumen“ beschrieben, der auf
der Ebene „Forstliches Umweltmonitoring“
über die Kapitel „Forschung an
Dauerbeobachtungsflächen“, „Kronenzustand“
zu erreichen ist. Auch erfolgt die Bewertung der Entwicklung vor dem
Hintergrund der Ergebnisse der Immissionsmessungen, der Aufzeichnungen zum
Witterungsverlauf und der Erkenntnisse der Beobachtungen zum Waldschutz.
In den letzten Jahren werden die Kronenschäden in Rheinland-Pfalz
nahezu ausschließlich durch die
Kronenverlichtung bestimmt, die Vergilbung ist landesweit von
untergeordneter Bedeutung. Bei bestimmten Baumarten können in einzelnen
Jahren Vergilbungen auffälliger auftreten, dazu wird dann jeweils bei der
betroffenen Baumart Stellung genommen.
Vergilbungen wurden in den 1980er Jahren besonders in den höheren Lagen der
Mittelgebirge noch in besorgniserregendem Ausmaß festgestellt. Hierbei
handelte es sich häufig um Magnesiummangelerscheinungen, die durch die
Bodenversauerung verstärkt sichtbar wurden. Auf Grundlage von Bodenanalysen
wurden umfangreiche Bodenschutzkalkungen durchgeführt.
Hierbei wurde durch den Einsatz von Dolomitkalken gezielt Magnesium mit
eingebracht. Durch diese Verbesserung der Magnesiumversorgung gingen die
Vergilbungen stark zurück. Die Befunde der Immissions- und Depositionsmessungen zeigen jedoch, dass die Gefährdung der Ökosysteme durch
Versauerung auf nicht gekalkten Flächen mit basenarmen Böden nach wie vor
akut ist. Zum Schutz unserer Waldökosysteme vor fortschreitender Versauerung
sind daher nach wie vor weitere Anstrengungen zur Verringerung der Emission
der Säurevorläufer und eine Fortsetzung der Bodenschutzkalkungen
erforderlich. |