Das Niveau der Kronenschäden ist bei
der Fichte gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Der Anteil der deutlich
geschädigten Probebäume liegt um rund 10 Prozentpunkte über dem Wert des
Vorjahres, der Anteil der
Probebäume ohne sichtbare Schadmerkmale um 4 Prozentpunkte zurückgegangen. Die mittlere Kronenverlichtung
ist um 3,1 Prozentpunkte höher. Bei Fichte zeigt der Anteil deutlicher
Schäden wie auch die
mittlere Kronenverlichtung seit 1984 einen durchgehend
ansteigenden Trend; beide haben in 2020 neue Maximalwerte erreicht.
Die Schadsituation wird auch 2020 wieder durch den Borkenkäferbefall bestimmt. An 9,2 %
der Probebäume wurde Borkenkäferbefall festgestellt, 35 Probebäume (4,2 %)
waren abgestorben, 18 davon frisch. Damit hat auch
der Anteil abgestorbener Bäume (Schadstufe 4) einen neuen Maximalwert
erreicht, ebenso die Ausscheiderate ist 18,1 %. Fast immer war Borkenkäferbefall die Ursache für die
Fällung der Probebäume. Maßgeblich verantwortlich für diesen hohen Wert ist
der komplette Ausfall der
Probebäume an 5 Aufnahmepunkten mit zusammen 109 Fichten. Nicht
alle mit Borkenkäfern befallenen Fichten waren zum Zeitpunkt der Erhebung bereits
abgestorben. 6 Probebäume zeigten noch eine grüne Krone, weitere 34 Probebäume
schon deutliche Kronenverlichtung infolge der Entnadelung. Bei allen diesen
Probebäumen ist jedoch binnen weniger Wochen von ihrem
Absterben auszugehen. Doch auch ohne Borkenkäferbefall litt die Fichte
in den letzten 3 Jahren unter dem Trockenstress. Sie ist morphologisch
gut angepasst und schließt ihre Spaltöffnungen, um die Verdunstung zu
verringern oder ganz einzustellen. Unter extremen Bedingungen oder bei
physiologischen Störungen der Spaltöffnungsapparate wirft die Fichte aber
auch vorzeitig Nadeln ab, vorzugsweise ältere Nadeljahrgänge. In der Folge
werden vom Astansatz her entnadelte, feine Seitenzweige ("Lamettasyndrom")
sichtbar, ein Phänomen, das seit 2018 wieder regelmäßig zu beobachten war.
Mit den hohen Ausscheideraten ist der Anteil der
Fichten im Stichprobenkollektiv in den letzten drei Jahren um 4
Prozentpunkte zurückgegangen. Damit kann die Abfolge von zu warmen und zu
trockenen Jahren als unmittelbar ursächlich für die Verschiebung der
Baumartenzusammensetzung in den rheinland-pfälzischen Wäldern angesehen
werden.
Die Fichte litt schon immer stärker als andere
Baumarten unter Sturmereignissen oder dem Befall durch Borkenkäfer. Diese
Schädigungen äußern sich bei der
Waldzustandserhebung vornehmlich in der Ausscheiderate
und nur ausnahmsweise im Kronenzustand. So weist die Fichte seit 1995
nahezu durchgehend die höchste Ausscheiderate aller Hauptbaumarten auf und
die zwangsweise außerplanmäßige Nutzung infolge von Sturmschäden oder
Insektenbefall ist in etlichen Jahren dominant. In verschiedenen Jahren hatten Winterstürme flächige Schäden
in Rheinland-Pfalz verursacht. Die Fichte war
hierbei stets am intensivsten betroffen. In der Folge breiteten sich
regelmäßig Borkenkäfer aus.
Schon seit 1990 werden daher gezielt durch waldbauliche Maßnahmen wie
Voranbau und Wiederaufforstung auch unter Ausnutzung natürlicher Sukzession
die Fichtenbestände mit anderen Baumarten angereichert oder gänzlich
ersetzt. Diese Strategie wird fortgesetzt, aber auf größeren Flächenanteilen
erzwungen als planmäßig umsetzbar ist. Insbesondere die größeren Kahlflächen
bereiten verschiedenste Probleme, die bei planmäßigem Umbau zu vermeiden
wären. Landesforsten hat hier mit einer neuen Grundsatzanweisung
"Waldverjüngung im Klimawandel" reagiert, um diesen Problemen zu begegnen.
In der Zeitreihe wird der Anstieg des Anteiles der deutlich geschädigten
Probebäume ab 1984 durch den Vergleich mit der Entwicklung der Probebäume,
die seit 1984 im Stichprobenkollektiv vertreten sind (idente Probebäume),
bestätigt. Damit ist auszuschließen, dass die Entwicklung der
Schadstufenverteilung seit 1984 durch die Veränderungen des
Stichprobenkollektives wesentlich beeinflusst wird.
Die Aufgliederung nach den Altersklassen zeigt, dass von der
Verschlechterung des Kronenzustandes von 1984 zu
2013 vor allem die Gruppe der älteren, über 60-jährigen Bäume betroffen
ist. Bei den jüngeren, bis zu 60 Jahre alten Fichten sind deutliche
Kronenschäden von untergeordneter Bedeutung und bleiben in ihrem Anteil in
der Zeitreihe auch relativ unverändert. Die Erholungstendenz zwischen den
Vollstichproben 2004 und 2008
ist besonders gut bei den 40- bis 100-jährigen Fichten zu
erkennen. Die mittlere Kronenverlichtung steigt in allen Altersklassen an,
wobei sich ein weitgehend gleichgerichteter Verlauf auf sehr
unterschiedlichem Niveau ergibt. Über alle Alter hinweg ist der Anstieg der
mittleren Kronenverlichtung etwas stärker ausgeprägt als in den einzelnen
Altersklassen, da neben dem allgemeinen Anstieg des Schadniveaus auch der
Anteil an Probebäumen in den älteren Altersklassen angestiegen ist. So hat
sich seit 1984 der Anteil der jüngsten Altersklassen bis zu
40 Jahren in etwa halbiert, der der ältesten ab 80 Jahren dagegen verdoppelt.
Die genauere Analyse des Kollektivs der Fichten-Probebäume mit einem Alter
von über 100 Jahren zeigte jedoch, dass auch unter diesen sehr alten Fichten
einige Probebäume noch einen guten Kronenzustand aufweisen.
Bei Fichte ist die Vergilbung mittlerweile in allen Regionen unbedeutend
geworden. Die Fichte ist in den höheren Lagen der Mittelgebirge stark
verbreitet. Entsprechend stark war sie von den dort festgestellten
Magnesiummangelvergilbungen betroffen. Die Mittelgebirgslagen waren aber
unter den ersten Flächen, die mit Dolomitkalken behandelt wurden. Teilweise
wurde bereits eine Wiederholung der Bodenschutzkalkung durchgeführt. Durch die
Verbesserung der Magnesiumversorgung gingen die Vergilbungen stark zurück.
Bei Fichte
sind immer wieder einzelne Jahre mit starkem Fruchtanhang zu beobachten. Im Laufe der Zeitreihe
zeigte sich, dass stärkerer Fruchtanhang tendenziell
zu einem Anstieg der Kronenverlichtung führt. In den Jahren mit starkem
Fruchtbehang (wie 2020, 2018 und 2011) kann jedoch nicht differenziert
werden, da nur wenige überwiegend zwischenständige Fichten ohne Zapfenbehang
blieben.
Die Zapfen werden an den Zweigspitzen anstelle des aktuellen Jahrestriebes
gebildet. Der Einfluss der Fruktifikation
ist bei Fichte nicht so ausgeprägt wie bei Buche. Dies dürfte auch daran liegen,
dass die gebildete Trockenmasse bei Fichtenzapfen meist geringer als
bei Bucheckern ist. Mechanische Schäden wie Kronenbruch,
Astabrisse oder Peitschschäden (Abreiben der Nadeln an Astspitzen durch
Aneinanderschlagen der Baumkronen bei Sturm) werden soweit möglich aus der
Bewertung des Kronenzustandes ausgeklammert. Es ist jedoch nicht
auszuschließen, dass im Einzelfall länger zurückliegende mechanische Schäden
oder leichtere Peitschschäden und Zweigauswehungen nicht als solche zu
erkennen und aus der Kronenzustandsbewertung auszugrenzen sind. Das
Erscheinungsbild des Baumes kann dadurch in Richtung einer höheren Kronenverlichtung
beeinflusst werden. Einflüsse dieser Art können aus langjähriger
Beobachtungspraxis heraus vermutet, aber anhand der Daten nicht nachgewiesen werden.
Für die häufig
auftretenden Stammschäden ist festzustellen, dass kein Zusammenhang mit der
Kronenverlichtung besteht.
Weitere Informationen sind auf der Ebene „Forschung
an Dauerbeobachtungsflächen“ unter „Kronenzustand“
in dem Abschnitt „Einflussfaktoren
auf die Kronenzustandsentwicklung“ zu finden. |